Ich hab’s im Griff – Zusammenhänge zwischen Feinmotorik und behavioraler Selbstregulation im Kindergartenalter
Feinmotorischen Fertigkeiten und die behaviorale Selbstregulation spielen als domänenübergreifende schulische Vorläuferfertigkeiten sowohl eine zentrale Rolle in der kindlichen Entwicklung als auch hinsichtlich des späteren akademischen Bildungswegs. Die Forschungslage ist bezüglich der Zusammenhänge dieser beiden Vorläuferfertigkeiten im Kindergartenalter jedoch dünn, nicht differenziert genug und teils uneindeutig. Um frühzeitige Interventionen entwickeln zu können, ist eine differenzierte Untersuchung dieser Zusammenhänge unabdingbar. Deshalb untersucht die vorliegende quantitative Studie spezifische Zusammenhänge zwischen feinmotorischen Fertigkeiten und Komponenten der behavioralen Selbstregulation bei vier- bis sechsjährigen (M=63.14; SD=8.64) Kindergartenkindern (N=44). Auch geht sie der Frage nach, zwischen welchen feinmotorischen Fertigkeiten und Komponenten der behavioralen Selbstregulation die stärksten Zusammenhänge im Kindergartenalter unter Berücksichtigung der jeweils anderen feinmotorischen Fertigkeiten und unter Kontrolle des Alters vorliegen. Als feinmotorische Fertigkeiten wurden die Handgeschicklichkeit und Grafomotorik sowie die visuomotorische Integration (VMI) erhoben. Hinsichtlich der behavioralen Selbstregulation wurden die Komponenten einfache und komplexe inhibitorische Kontrolle, Arbeitsgedächtnis, ein übergreifendes Verhaltensmaß der behavioralen Selbstregulation sowie eine Fremdeinschätzung dieser berücksichtigt. Es wurden Rangkorrelationskoeffizienten nach Spearman sowie fünf multiple Regressionsmodelle berechnet. Bezüglich der bivariaten Zusammenhänge zwischen den zwei domänenübergreifenden schulischen Vorläuferfertigkeiten, stand jede untersuchte feinmotorische Fertigkeit mit mindestens einem Maß der behavioralen Selbstregulation signifikant positiv moderat bis stark in Zusammenhang. Zudem erwies sich die Handgeschicklichkeit unter Berücksichtigung der anderen feinmotorischen Fertigkeiten und unter Kontrolle des Alters als stärkster Prädiktor aller untersuchter Maße der behavioralen Selbstregulation. Die VMI war der zweitstärkste Prädiktor bezüglich der übergreifend gemessenen behavioralen Selbstregulation. Die Grafomotorik erwies sich unter Berücksichtigung der anderen beiden feinmotorischen Fertigkeiten und unter Kontrolle des Alters für keine der Komponenten der behavioralen Selbstregulation als signifikanter Prädiktor. Es wird vermutet, dass dies auf eine Vielzahl von Gründen, wie der kleinen Stichprobengröße, der Automatisierung der Grafomotorik und der Hinzunahme nur eines Messinstruments zur Erfassung dieser, zurückzuführen ist. Implikationen für die Forschung und Praxis werden diskutiert.