Der Einfluss von Mehrsprachigkeit auf das schulische Fremdsprachenlernen
Aufgrund steigender Zahlen mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler in der Volksschule verändern sich die Anforderungen an Lehrpersonen. Insbesondere im Fremdsprachenunterricht interessiert es, wie das Nebeneinander verschiedener Sprachen gelingt. Im Rahmen dieser Masterarbeit wurde daher die folgende Forschungsfrage untersucht: «Welchen Einfluss hat Mehrsprachigkeit auf das schulische Fremdsprachenlernen in der Sekundarschule?» Für die Beantwortung der Forschungsfrage wurden Literaturbefunde den Ergebnissen einer Querschnittsuntersuchung mittels quantitativer Fragebogenerhebung gegenübergestellt und diskutiert. Die Stichprobe setzt sich dabei aus N=414 Thurgauer Schülerinnen und Schülern der 7.-9. Klassen zusammen; darunter befinden sich n=218 mehrsprachige und n=196 einsprachige Lernende. Mithilfe der Berechnung von Mittelwertsunterschieden mit Varianzanalyse sowie der Berechnung von Korrelationen wurden verschiedene Einflüsse auf die Leistungen in Englisch und Französisch ausgewertet. Die Untersuchung ergibt, dass Mehrsprachigkeit keine grundlegenden Vor- oder Nachteile im Hinblick auf die Englisch- und Französischleistungen von Lernenden in der Sekundarschule mit sich bringt, da sich ihre Noten im Vergleich zu einsprachigen Lernenden nicht signifikant unterscheiden. Es konnte gezeigt werden, dass Mehrsprachigkeit zu einer erhöhten Sprachbewusstheit führt, diese allein aber keine besseren schulischen Sprachleistungen garantiert. Durch die Kumulation verschiedener förderlicher Faktoren kann jedoch auf ein Potenzial für das weitere Sprachenlernen geschlossen werden. Der Einfluss von Mehrsprachigkeit ist komplex, dynamisch und von verschiedenen individuellen Faktoren abhängig. Lehrpersonen sollten das Potenzial der Mehrsprachigkeit unterstützend fördern und die Herkunftssprachen der Lernenden in den Unterricht miteinbeziehen, um dadurch die Entwicklung von Sprachbewusstheit voranzutreiben. Von besonderer Bedeutung für den Fremdsprachunterricht sind dementsprechend Sprachvergleiche, um den Transfer von sprachlichem Wissen zu begünstigen und gleichzeitig falsche Analogiebildungen zu vermeiden. Der Besuch von Unterricht in der Erstsprache (bspw. HSK – Unterricht in heimatlicher Sprache und Kultur) kann die Sprachbewusstheit weiter fördern und die Identität der Schülerinnen und Schüler stärken. Eine Längsschnittstudie, die an der vorliegenden Arbeit anknüpft, könnte erforschen, ob Veränderungen in Unterrichtsvariablen wie dem sprachlichen Input, der Einstellung der Lehrpersonen zur Mehrsprachigkeit oder der Einführung von gezielten Sprachbewusstheits-Übungen zu Veränderungen in den Englisch- und Französischnoten führen.